S.F.-H.: „Über Ihre familiären Sorgen nach dem Todesfall sollte man nichts in der Zeitung lesen. Vorbeugende Überlegungen sind gerade für die Ehefrau eines Unternehmers wichtig. Die gute Nachricht ist: man kann sich vorbereiten.“

Von der Unternehmerehefrau zur Witwe - Vorbeugende Maßnahmen schützen die Familie und das Unternehmen

Schlaflose Nächte? – In vielen Fällen unvermeidlich. Statistisch wird ein Unternehmer in Deutschland von seiner Ehefrau um mindestens 12 Jahre überlebt. War er circa 10 Jahre älter als sie, wird sie im Regelfall noch eine zusätzliche Dekade länger leben. Zugleich ist wenig in Deutschland in Mittelstandsunternehmen so schlecht geregelt, wie die das Erbe und die Unternehmensnachfolge. Es geht um die Frage, was nach dem Tod des Unternehmers innerhalb der Familie und im Unternehmen geschehen soll. Sehr oft greift – mangels Regelung – das gesetzliche Erbrecht und macht aus Witwen Unternehmerinnen, auch, wenn sie nie im Betrieb gearbeitet haben. Keine einfache Situation.

Unternehmer Stefan P. (52) kam im Sommer 2017 bei einem Autounfall ums Leben. Sein Spezialpumpenbetrieb mit über 400 Mitarbeitern, der ihm zu 70% gehörte, lief in diesem Jahr hervorragend. Er hatte eine neue Werkshalle investiert, die noch nicht fertig war.

Er hatte neue Kunden akquiriert. Der engagierte Unternehmer führte das elterliche Unternehmen seit 10 Jahren, galt als hervorragender Stratege und Verkäufer, der den Umsatz vervierfacht hatte. Seine Ehefrau Britta (43) ist Grundschullehrerin. Sie wurde im Ferienhaus in Italien von der Nachricht seines Todes überrascht.

Die Unternehmerehefrau ist allein – kaum jemand kann sich in sie hinein versetzen

„Schon ersten Tage waren die Hölle“, sagt sie heute. „Ich konnte es gar nicht glauben. Ich fuhr mit den Kindern nach Hause und stand völlig neben mir.“

 

Zuhause warteten nicht nur die Polizei, die entsetzten Eltern, das Begräbnisunternehmen, sondern auch die höheren Angestellten und die Miteigentümer des Unternehmens mit vielen Fragen. Die Beisetzung erlebt Britta P. wie im Traum. Für Trauer blieb indes keine Zeit.

 

„Anfangs kamen alle, um ihr Beileid auszudrücken. Ich war wie betäubt, wollte nur in Ruhe gelassen werden. Vor allem die Kinder drehten durch. Nach ein paar Tagen kamen die Mitarbeiter nochmal, alle wollten wissen, wie es jetzt weitergeht“, sagt Britta P. „Ich hatte keine Ahnung, was da auf mich zukommt. Geregelt war eigentlich nichts. Ich war ganz allein. Das kann man sich nicht vorstellen….“

Kernfragen sind immer, was soll werden, wer erhält was, wer ist in der Verantwortung, wer übernimmt was, wer ist qualifiziert, oder muß alles verkauft werden?

Es gibt Grund genug für Unternehmehefrauen, sich über den Erbfall frühzeitig Gedanken zu machen, bevor sie vom Schicksal überrascht werden. Und die meisten tun dies auch, schon der Kinder wegen, aber können das ungeliebte Thema oft nicht durchsetzen. Viele schlafen deshalb unruhig. Sei es wegen der abnehmenden Gesundheit des Unternehmers, wegen seiner Hobbies oder schlicht, weil sie nicht sagen dürfen, dass sie Angst haben vor dem Erbfall.

Denn die Erfahrung zeigt, nur wenige Tage nach dem Versterben eines Unternehmers tritt in vielen Fällen schon eine besondere Situation des Drucks ein. Die Familie streitet über den Fortbestand und das Schicksal des Unternehmens, über die Strategie, über den Nachlass und das Unternehmensvermögen. Es gibt finanzielle Fragen, strategische Fragen und viel zu tun. Der Betrieb darf nicht stillstehen. Im Mittelpunkt steht die Unternehmerwitwe. Starb der Unternehmer plötzlich, ist es umso schlimmer. Meist ist dann für diesen Fall gar nichts geplant gewesen.

Über ihre familiären Sorgen sollte man nichts in der Zeitung lesen

„Woher sollte ich das wissen?“, sagt Britta P. heute. „Ich war nie im Unternehmen. Das war immer sein Ding, nicht meins. Ich hatte keine Ahnung, wie es zu führen ist. Wenn ich etwas gefragt wurde, wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Ich kannte Stefans Pläne nicht. Ich bekam auf einmal eine Riesenangst, dass ich etwas falsch mache, dass mir alles entgleitet…“

Die örtliche Presse nahm regen Anteil. Journalisten riefen sie udn fragten, was sie jetzt zu tun gedenke. Britta wusste keine pressetaugliche Antwort, sie tappte in die Falle und sagte, sie wisse es nicht. Einer der Miteigentümer verlangte von ihr, dass der Bau der halbfertigen Werkshalle gestoppt werde. Es sei ihm zu riskant, weiter Geld reinzugeben, weil nicht klar sei, ob – ohne Stefan P. – der Betrieb so weiterlaufen würde.

Britta erfuhr, dass das Unternehmen sich für die neue Produktionshalle sehr verschul-det hatte. Das hatte sie gar nicht gewusst. Es war wichtig, dass es jetzt reibungslos weiterging. Aber wer sollte Stefans Job machen? Keiner der Mitarbeiter hatte den vollen Überblick, keiner wollte die Geschäftsführung machen. Die Miteigentümer hatten nur Geld gegeben, nie mitgearbeitet. Ein externer Manager – wo sollte Britta den rasch herbekommen? Und wie lange würde der brauchen, bis er sich eingearbeitet hätte? Die Suche begann.

Der Bau der Halle fraß weiter ins Geld. Britta fragte Freunde, sie fragte den Steuerberater, niemand konnte sie beruhigen, alle hatten andere Meinungen. Sie fragte ihre Eltern.

„Verkauf den Laden, du kannst das nicht“, sagte ihre Mutter. Ihre Ängste stiegen.

Spannungen im Unternehmen, die bislang im Verborgenen geblieben waren, zeigten sich offen. Streit brach unter den Mitarbeitern aus, Stefans Führung fehlte.

„Ich bin fast durchgedreht, mich hat das völlig überfordert. Ich wusste nicht, wo ich mich hinwenden sollte.“ Um die gemeinsamen Kinder konnte Britta sich nicht mehr kümmern. Ihr Tag war gefüllt, bis eine Lehrerin aus der Schule anrief und ihr mitteilte, dass ihr ältester Sohn seit langem nicht mehr zum Unterricht erscheine.

Jeder – insbesondere die Angehörigen und die Mitarbeiter des Betriebs – erwarten von der Witwe des Unternehmers Entschlusskraft, einen Plan, Trost, Gespräche, Loyalität.

Situationen wie diese sind nicht selten. Familienunternehmen sind besondere Gebilde.

Wird ein Familienunternehmen vom Eigentümer selbst geführt, bedeutet sein Verlust einen grundlegenden Wandel. Der Tod des Unternehmers verunsichert alle. Leidtragend ist immer die Witwe des Unternehmers, da im Zweifel sie zu allem Stellung nehmen soll. Auch wenn Sie den Betrieb, die Zahlen, die Produkte und seine Risiken gar nicht kennt.

Jeder – insbesondere die Angehörigen und die Mitarbeiter des Betriebs – erwartet von der Witwe einen Plan. Kann sie nicht zeitnah antworten, geht die Angst vor Jobverlust unter den Angestellten um. Man erwartet von der Witwe die Übernahme der Rolle, Trost, Gespräche, Tatkraft, einen Plan, Loyalität.

Diese unerwartete Rolle kann schlaflose Nächte bedeuten. Die Ehefrau eines Unternehmers sollte daher im Idealfall, ob sie den Betrieb gut kennt oder nie mitgearbeitet hat, eine Vorstellung haben, was aus dem Unternehmen im Ernstfall werden soll. Die gute Nachricht ist: Sie kann sich auf fast alles vorbereiten.

Eine Vielzahl von Situationen ist möglich: alle sind für die Witwe des Unternehmers belastend. Kommen familiäre Streitfragen und Angst im Unternehmen zusammen, wird es oft unerträglich. Und es wird auch für das Unternehmen riskant.

Alles, was dem Tod des Unternehmers folgt, ist schwer für seine Witwe. Es ist nicht nur die Trauer und des Abschiedes. Es ist das, womit sie nicht gerechnet hat. Manche werden unvorbereitet von familiärem Streit überrascht, der plötzlich auftritt, andere von der Notwendigkeit, sich selbst um einen komplizierten Betrieb kümmern zu müssen. Wieder andere Erbinnen müssen ihre Position erst in der Familie erkämpfen, bevor sie mitreden dürfen.

Unternehmerehefrauen und Angehörige aus Familienunternehmen können sich vorbereiten:

  1. Kennen Sie als Unternehmerehefrau oder Angehörige/r aus einem Familienunternehmen Ihre Situation und ihre Rolle, wenn der Unternehmer erkranken oder versterben sollte?
    • Auch wenn Sie nie in dem Familienunternehmen selbst tätig waren – so kommt Ihnen beim Tod des Unternehmers eine besondere Rolle zu.
    • Hand aufs Herz: Was wissen Sie über „Ihr Unternehmen“? Kennen Sie die letzten Abschlüsse? Kennen Sie die Kennzahlen?
  2. Wissen Sie, was zu tun ist, wenn der Erbfall eintritt? Wissen Sie, was Sie erwartet? Wen rufen Sie als erstes an? Wieviel Freunde/Freundinnen haben Sie, die in einer ähnlichen Situation sein könnten oder schon waren?
  3. Besteht theoretisch die Gefahr einer Erbenauseinandersetzung, die Familie und Unternehmen gefährden kann?
    Wenn die Fragen für Sie nicht leicht zu beantworten sind, sollten Sie idealerweise sich bereits jetzt informieren, wie Sie die Situation angehen werden.

Stellen Sie sich für einen Moment selbst in den Mittelpunkt.

Ich biete z.B. stets ein Individualgespräch hierzu an, dabei informiert sich die Ehefrau oder Witwe des Unternehmers nur für sich allein, selbständig und unabhängig.

Wir betrachten ihre Lage und spielen dabei den Ernstfall einmal gedanklich durch oder analysieren die Situation. Die Fragen, die sich die Ehefrauen oder die Unternehmerwitwen immer stellen müssen, sind :

  •  Was will ich (wenn er nicht mehr ist)?
  •  Was ist mir in den kommenden Jahren wichtig?
  • Gehören ein ruhiges Rentenalter und finanzielle Unabhängigkeit zu meinen Wünschen?
  •  Wo möchte ich sein? – Wie möchte ich leben?

Ihr Umfeld und dessen Erwartungen einschätzen zu können ist für Unternehmerehefrauen zentral

Erst in den Folgegesprächen schauen wir auf das Unternehmen und auf ihr Umfeld, auf Eltern, Kinder, Angestellte. Jetzt sind meine Fragen auf dieses Umfeld gerichtet. Denn alle haben Erwartungen. Alle haben Rechte. Zwar ist für die Ehefrau bzw. Witwe wichtig, die eigene Position in allen Rechten und Möglichkeiten zu kennen und einmal zu durchleuchten. Das hilft, Befürchtungen und Ängste abzubauen. Genauso wichtig ist es aber, danach familiäre Erwartungen an einen selbst zu überprüfen und auch, sie zu managen.

Die Fragen für die Unternehmerehefrau sind:

  • Wie steht die Familie zu mir?
  • Was will sie von mir?
  • Was will ich für meine Kinder?
  • Wie sieht man mich in der Familie? Gibt es Spannungen?
  • Ist jedem klar, wem was gehört und gehören wird?
  • Kenne ich das Unternehmen, was weiss ich darüber?
  • Will ich das Unternehmen leiten? Will ich es behalten? Bin ich bereit, dafür zu arbeiten?

Je nachdem wird dann eine Lösung für diesen speziellen Fall erarbeitet. Im Idealfall werden daraus auch Gespräche mit dem Unternehmer, dem die Situation meist auch klar ist, aber das Thema wurde vielleicht auf die lange Bank geschoben. Beide können dann einen gemeinsamen Plan erarbeiten für den Fall der Fälle.

Diese drei Themen sollten Sie als Unternehmerehefrau in jedem Fall anregen:

  • Vollmachten: Im Erbfall werden Sie ggf. Geld benötigen, um den Alltag weiter bestreiten zu können?
    • Sind Sie handlungsfähig?
    • Haben Sie Kontozugang?
    • Haben Sie ausreichende Vollmachten?
    • Wo sind diese und sind sie aktuell? Können Sie diese in Ihrem Haushalt finden?
    • Gibt es Vorsorgevollmachten für den Krankheitsfall?

 

  • Regeln: Soll das Unternehmen überleben, sind Ihre Familie und das Unternehmen wechselseitig darauf angewiesen, dass die Familienmitglieder, wenn sie maßgeblich Einfluss haben, harmonisch zusammenarbeiten. Eine Familie muss sich dazu frühzeitig bestimmte Regeln auferlegen, wenn es mit dem Unternehmen immer gut weitergehen soll. Dies bedeutet zum einen, dass der Gründer und die Familie gemeinsam bestimmte Regeln erarbeiten, wer (im Fall von Krankheit oder Tod) das Unternehmen leiten wird, und wie das bestimmt wird, und wer was wie verwenden soll. Möglich sind testamentarische Festlegungen, also was ab dem Tod des Unternehmers gelten soll. Aber auch Verträge mit erbrechtlichen Wirkungen, die man zu Lebzeiten noch abschließt, wie Generationenverträge, Familienverfassungen oder eine „Charta“.

 

  • Schutz: Grundsätzlich ist es für ein Familienunternehmen aus vielen Gründen ratsam, das Unternehmen und die Familie (mit ihrem Vermögen) voneinander getrennt zu halten. Ein Familienunternehmen ist ein Hybrid aus familiären Be-langen und den Anforderungen des Betriebs. Beides mischt sich gut, so lange die Interessen harmonieren. Wenn aber Miteigentümer, oder Kinder und Enkel anders über das Unternehmen denken als der Gründer, können schwierige Situationen für die Familie und das Unternehmen entstehen. Schwierig wird es auch, wenn die Familie zu viel entnimmt, aber nichts ins Unternehmen investiert. Oder wenn die Familie mit dem Privatvermögen haftet, weil das Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten ist.

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  • Lernen Sie die eigene Situation kennen und einschätzen.

 

  • Ordnen und Vorbereiten! Sie können sich jederzeit persönlich vorbereiten, die Mitarbeit des Unternehmers im ersten Schritt ist hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich. Es geht zunächst nur um Sie und Ihre Situation. Die Anforderungen im Krankheitsfall oder Todesfall des Unternehmers können viele Auswirkungen auf Sie haben, daher spielen wir sie einmal durch.

Droht Streit durch den Erbfall können Sie sich vorab oder auch wäh-rend des Streits für Gespräche rüsten und vorbereiten. Wichtig für Sie ist, dass Sie schon frühzeitig erste Beratungsgespräche führen, damit Sie Ihre Rechte kennen und wissen, was kommen kann.

Sie müssen im Ernstfall wichtige Dokumente der Familie und des Unternehmens kennen und auch verfügbar haben, oder beschaffen können. Im Idealfall haben Sie die Vollmachten, die Sie als Erbin und Witwe benötigen, bereits. Tipp: Wir bieten neben dem Gespräch über Ihre persönliche Situation auch einen Dokumentationsservice an, der Ihre familiär wichtigen Dokumente für Sie im Notariat sammelt, aktualisiert und aufhebt und für Sie in der Krise bereithält.

Soll Ihr Unternehmen Generationen überdauern können, gibt es mehrere denkbare Strukturen, wie Unternehmen und Vermögen der Familie getrennt geschützt werden können. Ziel des Gründers oder der Familie ist meistens, dass das aufgebaute Unternehmen noch lange in der Familie fortbestehen soll. Das bedeutet zum einen, dass das Unternehmen eine Form haben oder bekommen muss, in der es – unabhängig von Streit in der Familie – fortbesteht. Eine Familien-Stiftung kann z.B. eine mögliche Form sein, mehrere Lösungen für Unternehmen und Familie zu bieten. Denn die Familie soll versorgt sein, aber nicht den Bestand des Unter-nehmens gefährden. Dies ist aber nicht die einzige Möglichkeit. Hier erfordert es eine gute Beratung zu Vor- und Nachteilen.

So lange Sie es haben, ist wichtig, dass das Unternehmen erfolgreich bleiben muss, damit es Sie und die Nachkommen sichern und versorgen kann. Dazu muss es ein Management haben, das die Ziele der Familie versteht und das Unternehmen wachsen lässt. Gibt es einen Nachfolgeplan?

Nicht jede Unternehmerehefrau ist zugleich Unternehmerin, oder will es werden. Würden Sie das Unternehmen verkaufen wollen? Weit überwiegend wollen Unternehmerehefrauen den Betrieb eigentlich nicht selbst führen, sondern lieber loswerden, wenn sie vor der Entscheidung stehen.

Eine rechtzeitige Beratung hierüber ist wichtig, denn Sie müssen hierzu für sich eine Entscheidung fällen, bevor jemand anderer für Sie entscheidet oder Sie von neuen Situationen überrascht werden.

Sie kommen aus einem Familienunternehmen und möchten eine individuelle Vorberatung Ihrer Situation?

Sie denken, die Nachfolge im Unternehmen ist nicht befriedigend geregelt?

 

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