Erben und Familienunternehmen

Geschichten über im Erbenstreit zerriebene deutsche Familienunternehmen füllen die Boulevardpresse. Kaum etwas ist für ein Unternehmen vernichtender, als ein langer Streit der Erben um Macht im Unternehmen, den Einfluss, die Strategie und das Unternehmensvermögen. Mit vorausschauenden Schritten, Ordnung und Vorbereitung kann die Zukunft Ihres Familienunternehmens positiv beeinflusst und besser gesichert werden.

„Da halte ich mich raus, das müssen die untereinander lösen.“, Irmgard W. (78) schaut resigniert auf den gepflegten Rasen ihrer Villa in Hamburg Pöseldorf. „Ich verstehe das nicht. Heinz hatte das alles doch geregelt, hat er mir gesagt,…. ich verstehe nicht, wieso es jetzt so einen Streit gibt. Ich weiss überhaupt nicht mehr, was ich tun soll.“

Die Verzweiflung der Unternehmerwitwe ist berechtigt. Gemeint sind Ihre drei Kinder, die sich am vergangenen Sonntag bei ihr lautstark gestritten haben. Lutz (38), Sabine (42) und Roderich (50) waren seit dem Tod des Vaters, eines bekannten Hamburger Reederei-Unternehmers, im Juli, mehrfach zu Besuch bei ihrer Mutter. In der letzten Phase vor seinem Tod trafen sie sich regelmäßig vor dem Krankenhaus, und wie immer war die Situation angespannt, wenn alle drei vorm Krankenzimmer waren, denn sie hatten sich noch nie richtig gut vertragen.

Nach dem Begräbnis im Juli kam erst jedes Kind allein und weinte mit ihr. Nach zwei Wochen kam jedes für sich mit Ideen, wie der Konzern des verstorbenen Vaters in der Zukunft zu führen sei. Heinz W. hatte 2002 eine Familienstiftung gegründet, die das Unternehmen seitdem leitet und deren Vorsitz er selbst innehatte. Seit seinem Tod geht es nun ununterbrochen darum, wer jetzt den wichtigen Stiftungsvorsitz innehaben sollte.

Im Moment ist Irmgard W. Vorsitzende. Sie ist seit seinem Tod in den Stiftungsvorsitz eingerückt, durch das Testament ihres Mannes. Sie empfindet dies aber als Bürde. Sie war 17, und noch in der Ausbildung zur Bürokauffrau, als sie Heinz heiratete. Gearbeitet hat sie nie und sie kennt sein Unternehmen auch nicht wirklich.

Eine Erbin soll entscheiden – und kann es nicht: ungelöste Nachfolgeprobleme zerstören den Familienzusammenhalt

Irmgard W. könnte nun vieles gestalten, sie soll zu vielem Stellung nehmen, aber sie fühlt sich in jeder Hinsicht überfordert und in die Zange genommen. Weder kann noch möchte sie das Amt in ihrem Alter noch bekleiden. Noch möchte sie, dass ihre Kinder sich darum streiten. Aber es kommt noch schlimmer. Jedes Kind hat inzwischen ihre Loyalität eingefordert: „Das siehst Du doch auch so, Mama, oder?“, und verlangt von ihr eine Entscheidung für sich. Die Kinder misstrauen einander, keiner möchte, dass der jeweils andere den Vorsitz führt.

Völlig ratlos hat sie sich gestern die Vorschläge der wohlmeinenden Unternehmensvorstände und des Beirats angehört, einen Manager „von draußen“ die Stiftung führen zu lassen und nicht ein Familienmitglied.

Auch hiermit fühlt sie sich überfordert, denn das bedeutet, dass sie alle drei Kinder enttäuschen müsste und sie dadurch vielleicht verlieren wird. Heinz hatte immer gesagt, dass keines seiner Kinder wirklich ein „Unternehmer“ sei. Er hatte es daher immer vermieden, den Kindern wichtige Positionen im Unternehmen zu geben. Oft war dies Thema am Weihnachtstisch, es führte immer zu schlechter Stimmung bei allen. Aber der Vater war dabei geblieben. Sohn Lutz kümmert sich um das Marketing in einer kleinen Tochtergesellschaft. Tochter Sabine ist Lehrerin an der örtlichen Grundschule. Der Älteste, Roderich, hat Betriebswirtschaft studiert, aber hat Alkoholprobleme und ist als Mensch zu unzuverlässig und labil, er hat eine unbedeutende Position, „in der er nichts anstellen kann“. Irmgard W. stellt fest, dass die wichtigste Frage im Konzern somit nicht gelöst ist und dass ihr Mann ihr eine Menge Probleme hinterlassen hat.

Was tun, wenn der Erblasser die wichtigen Fragen nicht gelöst hat?

Irmgard W. hat erkannt , dass nun der unangenehme Teil der Nachfolgeregelung und alle Verantwortung an ihr hängt: wie geht es weiter?

Irmgard fühlt sich seit Tagen schlecht. Sie hat ihren geplanten Urlaub abgesagt. Als sie letzte Woche vorsichtig ihren Kindern einen externen Stiftungsvorsitzenden oder ein neutrales Gremium als Leitung vorschlug hat sie bei allen dreien Wut ausgelöst.

Sie hat noch nie vor so schwierigen Fragen gestanden. Sie fühlt sich mit dem ganzen Thema vollkommen allein und weiß nur zu gut, dass sie das Konzerngeschäft gar nicht genügend kennt, um das Thema „Fremdherrschaft“ vor ihren Kindern mit guten Argumenten vortragen zu können. Es geht ja auch mehr um Loyalität, mehr um Emotionen, als um ihr Wissen, das weiß sie genau. Am Abend wird sie unter ihren Freundinnen herumfragen, wer Rat weiss.

Das schwierige Hybrid Familienunternehmen mischt Geschäft und Familienan-gelegenheiten, im Erbfall vertragen sich beide Systeme nicht

In Familienunternehmen ist das Streitpotential im Erbfall besonders hoch, denn jeder Erbfall löst auch eine Umverteilung von Vermögen und Macht aus. Je bekannter das Unternehmen, je größer das Vermögen, umso interessierter nimmt die Öffentlichkeit über die Presse am Streit teil. Für Angehörige ist gerade die erste Phase nach dem Erbfall und die Auseinandersetzung um das Erbe extrem belastend, denn sie führt oft zu unversöhnlichen Positionen in der Familie.

Jedes Familienunternehmen ist ein Hybrid: es mischt familiären Zusammenhalt, Harmonie und Einigkeit, die die Gründerpersönlichkeiten voraussetzten, mit unternehmerischen Zielen. Getragen von dem Zusammenhalt einer Familie, investieren Eltern und Kinder immer wieder Zeit, Geld und Fleiss, um das Unternehmen aufzubauen. Die ältesten Familienunternehmen in Europa sind mehrere 100 Jahre alt.

Ein Unternehmen wie das, dem Sie angehören, ist natürlich dem Wandel der Zeiten und dem Wandel der Familie unterworfen. Es gerät daher in große Schwierigkeiten, wenn der Zusammenhalt zerbricht.

Was können Sie als Unternehmerwitwe tun, um den Erbenstreit zu vermeiden?

Sie als Unternehmerwitwe mögen sich persönlich gar nicht berufen fühlen, etwas dazu zu sagen. Und dennoch kann Ihr Wort von großem Einfluss sein. Es lohnt sich daher für Sie und für alle, wenn Sie die Situation für sich prüfen und zukunftsgerichtet denken.

Der Todesfall des Unternehmers oder der Unternehmerin löst nicht nur viele Fragen aus, wie es weitergehen soll. Sondern er kann auch Wünsche und Begehrlichkeiten bei den Angehörigen auslösen, bis hin zu „alten Rechnungen“, die hier noch offen waren. Ein Streit geschieht hier daher schnell.

Der Bruch, der dabei durch die Familie geht, zwingt alle zur Stellungnahme. Oftmals geschieht ein Bruch schon in der zweiten Generation, also zwischen Eltern und Kindern und Geschwistern, manchmal auch erst in Folgegenerationen. Meistens lähmt und hindert der familiäre Streit in dem Hybrid „Familienunternehmen“ den normalen Geschäftsverlauf. Problem: ist ein Unternehmen lange gehindert, so zu funktionieren, wie es optimalerweise funktionieren sollte, verliert es an Wert, Kunden und Einnahmen.

Geschichten über im Erbstreit befindliche deutsche Familienunternehmen und dadurch zerstörte Vermögen füllen die Boulevardpresse. Mit vorausschauenden Schritten kann die Zukunft Ihres Familienunternehmens positiv beeinflusst und besser gesichert werden.

Die wichtigsten Punkte für die Unternehmerehefrau und Angehörige aus Fa-milienunternehmen:

Als Unternehmerehefrau oder Angehörige/r aus einem Familienunternehmen – auch gerade wenn Sie nie in dem Familienunternehmen selbst tätig waren – kommt Ihnen eine besondere Rolle zu. Besteht theoretisch die Gefahr einer streitigen Erbenauseinandersetzung, die das Unternehmen betreffen kann, sollten Sie sich vorab informieren, wie sie diese abbinden können.

Bestandsaufnahme: Was will ich? Was wollt Ihr von mir?

Zunächst schauen Sie auf sich selbst. Ehepartner, Eltern, Kinder, alle haben Erwartungen. Alle haben Rechte. Dass SIe selbst vielleicht andere Interessen haben und die Wünsche der anderen nicht erfüllen können oder erfüllen möchten, ist manchmal sehr schwer zuzugeben. Dennoch ist es sinnvoll, das zu tun. Die eigene Position in allen Rechten und Möglichkeiten zu kennen und einmal zu durchleuchten hilft oft schon, Ängste herunter zu fahren und familiäre Erwartungen zu managen. (Ich biete z.B. stets nur das Individualgespräch hierzu an, hier informieren sich Ehefrauen und Witwen nur für sich allein, selbständig und unabhängig).

Was sind Ihre Ziele? Langfristige Sicherung der Kinder und ein gutes Auskommen für Sie im Alter? Formulieren Sie Ihre Wünsche klar und deutlich und lassen Sie Ihre Angehörigen sie anschließend wissen.

Sie können in der Familie so früh wie möglich anregen:

Trennen: Grundsätzlich ist es für eine Familie ratsam, frühzeitig das Un-ternehmen und die Familie getrennt zu halten. Ziel des Gründers ist meist, dass das aufgebaute Unternehmen noch lange fortbestehen soll. Das bedeutet zum einen, dass es Unternehmen eine Form erhalten muss, in der es – unabhängig von Streit in der Familie – überleben kann, um fortbeste-hen zu können, zum anderen, dass es die Nachkommen sichern und versorgen kann. Eine Familien-Stiftung ist eine mögliche Form, mehrere Lösungen für Unternehmen und Familie zu bieten. Denn die Familie soll versorgt sein, aber nicht den Bestand des Unternehmens gefährden.

Sichern: Zugleich muss erreicht werden, dass die Familie mit ihrem Vermögen nicht persönlich haftet, wenn das Unternehmen z.B. schlechte Zeiten durchlebt (wenn es im Unternehmen Krisen oder Haftungsfälle gibt). Soll Ihr Unternehmen Generationen überdauern können, gibt es mehrere denkbare Strukturen, wie Unternehmen und Vermögen der Familie getrennt geschützt werden können. Prüfen Sie, ob diese schon bestehen.

Regeln: Ihre Familie und das Unternehmen sind wechselseitig darauf angewiesen, dass die Familienmitglieder, wenn sie maßgeblich Einfluss behalten sollen, harmonisch zusammenarbeiten. Ihre Familie muss sich dazu frühzeitig bestimmte Regeln auferlegen, wenn es mit dem Unternehmen immer gut weitergehen soll. Dies bedeutet zum einen, dass Gründer und Familie gemeinsam bestimmte Regeln erarbeiten, wer (im Fall von Krankheit oder Tod) das Unternehmen leiten wird, und wie das bestimmt wird, und wer was erhält. Möglich sind Testamente, aber auch Familienverfassungen oder eine „Charta“. Diese Papiere müssen indes alle subjektiven Interessen berücksichtigen, auch die schwelenden Streitigkeiten im Hintergrund, die nur die Mutter kennt. Es ist sinnvoll, wenn Sie sich hierzu frühzeitig ein Bild machen, sich informieren und einen Vorschlag machen, auch wenn das sonst nicht „Ihr Thema“ ist.

In der Streitsituation selbst:

Nicht kapitulieren. Werden Sie umgehend aktiv. Unterbrechen Sie Streitgespräche der anderen, bevor sie eskalieren. Lassen Sie sich nicht zu emotionalen Entscheidungen verleiten.

Versuchen Sie, den Beteiligten einige Tage Ruhe zum Überlegen zu verschaffen.

Hat ein offener Streit begonnen, ist es Zeit, Ihre eigene Situation umgehend einmal komplett zu durchdenken, was eintreten könnte, wenn es weitergeht, bevor sie Ihre Meinung ihren Angehörigen mitteilen. Spielen Sie die Möglichkeiten im Beratungsgespräch durch. Danach setzen Sie dies in Bezug den Interessen der anderen und gehen es nochmal durch.

Warum die eigene Position zuerst?

Sie sind in der Mitte. Sie werden emotional gefragt, manchmal traut man Ihnen aber unternehmerisch kein Urteilsvermögen zu. Dann wird Ihre Meinung ohnehin nicht angehört. Verschaffen Sie sich Klarheit über Ihre Möglichkeiten.

Nutzen Sie dazu eigene Berater. Die Berater Ihres Ehemannes, Vaters oder der Berater des Unternehmens haben erst einmal nicht IHRE Interessen im Sinn, sondern eine andere Agenda. Suchen Sie sich eigene Berater, die Ihre Sprache sprechen und neutral denken.

Suchen Sie erst danach das Gespräch mit den Angehörigen. Erst, wenn Sie Ihre Position kennen und sich vorbereitet haben, können Sie wirklich etwas erreichen.

Ordnen und Vorbereiten!

Sie können sich jederzeit persönlich während des Streits aber auch schon vorab für kriselnde Situationen und für Gespräche rüsten und vorbereiten.

Wichtig für Sie ist, dass Sie schon frühzeitig erste Beratungsgespräche führen, dass Sie wichtige Dokumente der Familie kennen und rechtzeitig verfügbar haben, oder beschaffen können. Wir bieten einen Dokumentationsservice an, der familiär wichtige Dokumente für Sie im Notariat sammelt, aktualisiert und aufhebt und für Sie in der Krise bereithält.

Sie kommen aus einem Familienunternehmen und möchten eine individuelle Vorberatung Ihrer Situation?

Sie ahnen, dass Sie im Erbfall Ärger mit den weiteren Erben haben könnten?

Vereinbaren Sie ein erstes Gespräch mit Sybille : +49 (0)69 4080 6020