„Er hat mich nie geliebt!“ – Eine Mutter zwischen allen Stühlen

In meiner Kanzlei im Taunus sitzt in diesem Mai eine gepflegte Dame mit wunderbarem Schmuck. Sie ist etwa 70 Jahre alt und Unternehmerehefrau.
Marianne T. ist sehr vermögend, gebildet, selbstbewusst, unternehmungslustig, sprachbegabt. Sie hat sich mit Blick auf ihr eigenes Vermögen nie um „all das kümmern müssen“, sagt sie nicht ohne Stolz. Solche Aufgaben hat „mein Mann zu erledigen“.
Sie widmet sich mit großem Sachverstand Kunst und Literatur. Sie weiss, ihr Mann (75) handelt in seiner dritten Karriere mit Immobilien im In- und Ausland und mit Kunst. Einen Überblick hierüber hat sie nicht, was sie indes auch nicht stört. Es gibt 3 erwachsene Kinder.

Als ich sie frage, warum sie bei mir ist, ist die Antwort zunächst verhalten.

Sie wisse, dass die Kinder bereits jetzt gelegentlich stritten, weil nur eines der Kinder in die Geschäfte des Vaters eingeweiht worden ist. Die anderen wollten sich nicht engagieren, fühlen sich aber jetzt zurückgesetzt und abgeschnitten von der Information. Eine Tochter (und ihr Mann) drohen mit Auseinandersetzung.

In letzter Zeit hat Mariannes Ehemann immer wieder Aussetzer, eine leichte Demenz, die sich bemerkbar macht. Sie ahnt, dass es unter ihren Kindern möglicherweise ernsteren Streit geben kann, wer das Sagen zum familiären Vermögen hat, wenn er schwerer erkrankt. Noch schlimmer, wenn er einmal nicht da mehr ist. Sie fürchtet, hineingezogen zu werden. Sie möchte aber nicht darüber nachdenken. Er habe doch ein Testament gemacht, sagt sie. Von einem der Kinder erfahre ich zufällig in den Folgetagen, dass es kein Testament gibt und dass der Vater das Gespräch hierüber ablehnt.

Kein seltener Fall.

In Deutschland wird die Ehefrau des Unternehmers durch Erb- und Eherecht zur Haupterbin, soweit nichts Anderes wirksam vereinbart wurde. Das bedeutet, dass sie zum Hauptentscheider über das in der Ehe aufgebaute Vermögen inklusive des Unternehmens wird, wenn nichts Anderslautendes vom Unternehmer selbst verfügt wurde. Sie muss dann notgedrungen entscheiden, was wird, oft aber auch, wer die Führungsrolle im Unternehmen erhalten soll oder in der Verwaltung des Vermögens. Oft ruft dies weiteren Streit zwischen den Kindern hervor und ist für die Witwe hochbelastend.

Ein Plan oder wirksamer letzter Wille hierzu existiert indes in weit über der Hälfte der deutschen Mittelstandsunternehmen nicht.

Auch bei vermögenden Familien wird das Thema letzter Wille gern verschoben oder unzureichend geplant und nicht aktuell gehalten.

Das heißt: eine gute Nachfolgelösung, die die Friedensinteressen der Ehefrau berücksichtigt, sowie alle Interessen der weiteren Erben und streitvermeidend durchdacht ist, ist eine Seltenheit. In den meisten Familien liegen, wenn überhaupt, nur rudimentäre, veraltete oder fragmentierte Äußerungen des Erblassers vor, die der Realität nicht standhalten.

Für die Haupterbin Marianne T. heißt dies auch in diesem Fall, dass zunächst sie selbst ihre Situation und ihre Wünsche durchdenken muss. Ihre Situation ist nicht einfach: sollte die Erkrankung ihrem Mann das weitere Handeln irgendwann unmöglich machen oder er in Bälde versterben, müßte sie innerhalb kürzester Zeit Lösungen und Ausgleiche zwischen den Kindern schaffen, wenn sie einen Zwist vermeiden wollte.

Marianne T. lebt in einem großen Haus mit mehreren Angestellten und einem großen Garten. Ihr ist hauptsächlich daran gelegen, dass sich für sie nichts ändert und dass alles „friedlich bleibt“. Sie will nicht, dass die Kinder streiten.

  • Die schlechte Nachricht ist: Streitvermeidungsgarantien gibt es keine. Ob Kinder sich gleichermaßen geliebt und gewürdigt fühlten, ist maßgeblich dafür, ob ein Konflikt entsteht über das Erbe des Vaters, oder nicht. Der Groll, den ein Kind seit früher Kindheit gegenüber dem Vater innerlich hegen mag, wirkt sich im Moment des Todes des Unternehmers verheerend aus: das „vernachlässigte“ Kind wird Genugtuung verlangen für „fehlende Liebe“ und beharrlich auf einem großen finanziellen Ausgleich bestehen, auch wenn es das Vermögen als Ganzes gefährden sollte. Ganze Konzerne sind durch derlei Streitfragen ruiniert worden. Ein streitgeneigtes Kind ist nicht aufzuhalten. Es betrachtet seine Familie als Verräter. In einem solchen Fall kann die Witwe nicht gewinnen und muss sich mit dem Gedanken anfreunden, eines der Kinder „zu verlieren“ und einen großen Vermögensbestandteil herauslösen zu müssen.
  • Die gute Nachricht ist: es ist immer einen Versuch wert, im noch jetzt zu Lebzeiten des Unternehmers einen Ausgleich zwischen den Erben durch gezielte Zuwendungen und Schenkungen, aber auch durch eine mit allen besprochene Aufteilung des Erbes zu schaffen.

Es ist sinnvoll, wenn Dritte das Gespräch von neutraler Seite beratend begleiten. Wenn Marianne T’s Wünsche, die hier für mich maßgeblich sind, definiert sind, können Gespräche mit den Kindern geführt werden. Dass dies emotionale Gespräche sein können, die die Eltern belasten können, ist unumgänglich, aber durch gute Mediation aufzufangen.

Sie sind Unternehmerehefrau oder Angehörige und haben ein ähnliches Problem in Ihrer Familie?

Sie glauben, vernünftige erbrechtliche Regelungen gibt es in Ihrer Familie nicht so wirklich?

Sie wissen eigentlich nicht so recht, wie Sie an die Sache herangehen sollen?

 

Führen Sie ein erstes Gespräch mit Sybille: Tel. +49 (0) 69 4080 6020

sybille@sybillefranzmann.de