„Am liebsten würden die mich doch umbringen!“- Eine Unternehmerwitwe kämpft gegen die Geschwister ihres Mannes

Jede Witwe eines Unternehmers trauert – und hat dennoch einen Berg Arbeit vor sich. Wenigen ist dabei bewusst, dass ihre Situation vielleicht doch viel schwieriger ist, als sie dachten. Insbesondere, wenn das Familienunternehmen, um das es geht, keinen Nachfolger für den Verstorbenen hat. Und noch mehr, wenn es mehreren gehört, die eigene Interessen haben.

In der Regel klappen diese Erbengemeinschaften, wenn alle aus einer Familie kommen, einigermaßen gut. Gab es aber beispielsweise bei Geschwistern untereinander schon in der Kindheit Neid und Konflikte, wirken die sich später aus. Auch (subjektiv empfundene) fehlende elterliche Liebe kann einen ganzen Konzern zerstören.

Ausbaden muss es stets die Witwe.

Heidrun P.* (53) aus Krefeld ist verzweifelt. Sie ist im zweiten Jahr ihres Alptraums. Das Schicksal hat im Winter 2017 zugeschlagen. Von einem Tauchausflug vor Turcs&Cacos kamen ihr Mann, der erfolgreiche Unternehmer Richard P. und sein Tauchlehrer, plötzlich nicht mehr zurück. Eine intensive Suche von vielen Wochen vorort begann, am Ende stand fest, beide waren wohl beim Höhlentauchen durch Strömungsänderungen tödlich verunglückt.

Der Alptraum der erbenden Ehefrau – Plötzlich allein und jede Menge neue Probleme tauchen auf

Für Ehefrau Heidrun und ihre beiden Kinder (17, 21) begann ein endloser Alptraum an dem Abend, an dem Richard nicht zurückkam. Die erfolglose Suche, die Vorstellung was passiert war, nahm die Familie psychisch in den darauffolgenden Tagen ungeheuer mit. Sie verbrachten Stunden mit den karibischen Behörden, um weitere private Helfer und Suchteams zu organisieren. Vom Boot und von Richard keine Spur. Nach ein paar Tagen gab man der Familie zu verstehen, sie solle sich keine Hoffnungen mehr machen.

Während Heidrun mehrere Wochen verzweifelt mit den karibischen Behörden Spurensuche nach dem Erfolgsunternehmer betrieb (inzwischen aber mit seinem Tod rechnete), entstand zu Hause unweit von Krefeld ein weiteres Problem, das ihr nicht wirklich bewusst gewesen war.

Richard war ein Alphatier gewesen, das den Konzern nach seinen Wünschen geformt hatte. Heidi und Richard hatten unterschätzt, dass seine Brüder ihm seine Position und das Rampenlicht durchaus neideten. Die Nachricht von Richards Unfall nahmen die Brüder mit gemischten Gefühlen auf. Sie verstanden rascher als Heidrun, dass er tot war. Während sie noch mit den Fakten rang, übernahmen die Brüder von Richard zu Hause das Ruder. Und über Nacht war alles anders – und Heidrun keine geduldete Person in diesem Kreis der Familie mehr.

Witwenschicksal: Ihr Leben wurde zur Katastrophe in dem Moment, als allen anderen klar war, dass ihr Mann tot war.

Am Tag von Heidruns Rückkehr gab es einen eher kühlen Empfang. Sie beschlich ein merkwürdiges Gefühl, als ein Bruder sie und die Kinder vom Flughafen abholte.

Heidrun fuhr wenig später ins Unternehmen. Hier erfuhr sie von den Geschwistern, dass man den Tod von Richard bedauere. Und Verständnis für sie habe. Man habe aber „schon einen Plan“, wie das Unternehmen künftig von den beiden Brüdern gelenkt werden würde. Es müsse ja weitergehen. Die Brüder legten ihr am Folgetag mehrere Verträge vor, die Max zum Vorstand machen sollten und einige Veränderungen im Geschäft vorsahen. Heidrun schreckte zurück. Das ging ihr zu schnell.

Richard würde vielleicht doch noch auftauchen? Zudem: er hatte seinen Brüdern nichts zugetraut. Heidrun P. wurde schlagartig klar, dass sie gar keine wirkliche Mitsprache mehr haben würde, wenn die Brüder sich zusammentaten. Ihr wurde klar, dass hier nicht nur ihr Ausschluss als Miteigentümerin auf dem Tisch lag, sondern auch das Abschneiden von wichtigen Informationen.

„Ich sollte verschwinden“, sagt sie heute.

Wer in ein Familienunternehmen einheiratet, heiratet eine Familie und ein Unternehmen, mit allem was dranhängt – nicht einen Mann

Vor uns liegt ein klassischer Familienstreit, der in der Kindheit der drei Brüder begann. Für die zwei jüngeren Brüder Max und Louis galt Richard nicht nur als großer Bruder, sondern auch als der „von Vater vorgesehene Konzernführer“. Denn der verstorbene Vater hatte, so sahen sie das, Richard immer vorgezogen. Richard war von klein auf vom Vater auf diese Aufgabe vorbereitet worden. Auf ihn war der Vater besonders stolz. Der erwachsene Richard galt als Erfolgsunternehmer. Gern portraitierte ihn die deutsche Presse, er galt er als guter und scharfsinniger Konzernlenker, der ein kriselndes Großunternehmen vom Vater geerbt hatte und auf Kurs gebracht hatte. Zwar teilte er sich auf dem Papier die Firma formal mit den zwei jüngeren Brüdern Max und Louis. Aber die Brüder blieben seinem Geschäft fern. Bei Familientreffen bemängelten die Ehefrauen der Brüder, dass Heidrun sich so „aufspiele“. Bald gab es Streit. Doch die Mutter untersagte allen, im Haus der Eltern zu streiten. Nachdem Max dann auch noch mit seinem Geschäftsanteil hohe Verluste machte, wurde von der Familie beschlossen, dass Max ungeeignet sei für eine solche Aufgabe. Und obwohl Witwe Heidrun keine dieser Entscheidungen beeinflusst hatte, darf sie nun die Folgen des Eifersuchtsdramas zwischen Geschwistern ausbaden.

Plötzlicher Tod des Unternehmers: – Die Witwe ist fast immer ahnungslos, was in solchen Fällen wirklich auf sie zukommt

Heidrun hat nie im Konzern mitgearbeitet. Sie ist Hausfrau und Mutter, sie ist nicht in den Beruf der Grundschullehrerin zurückgegangen. Sie interessiert sich für Kunst und Soziales. Einen Überblick über das Geschäft des Konzerns hatte sie nie. Die Abschlüsse, die Richard in den letzten Jahren für das Unternehmen fertigen ließ, liegen in seinem Arbeitszimmer, sie sagen ihr nichts. Sie weiss nicht, was sie tun soll. Sie versteht die Situation nicht. Nicht die eisige Ignoranz, die die Brüder und ihre Ehefrauen sehr rasch zeigen. Die Situation entgleist, als sie in Richards Büro will, sie wird höflich hinausgedrängt. Die Gespräche frieren ein. Sie erhält ein Fax, dass sie die Firma nicht mehr betreten darf. Dass man ihren Ausschluss aus dem Gesellschafterkreis (und Familienkreis) erwäge.

Geschwister als Erben: – -Die ungelöste Nachfolgefrage und familiärer Neid kann einen Konzern ruinieren

Insbesondere in der zweiten udn dritten Generation eines Familienunternehmens kann es zu solchen Auseinandersetzungen kommen. In diesen Situationen ist klar: wenn die Geschwister sich gegen die Witwe verbünden und haben den größeren Anteil am Unternehmen, scheuen sie vor Hausverboten nicht zurück.

Der Ausschluss aus Informationsflüssen, Führungsaufgaben und Familiensitzungen, und die versuchte Verdrängung aus Mitspracherechten gehören zu den klassischen Instrumenten, wenn eine Miterbin abgedrängt werden soll.

Heidrun wird, wie sie sagt, nun täglich drangsaliert von den Brüdern ihres Mannes, die „gemeinsame Sache“ gegen sie machen und ihr und ihren Kindern den Platz und die Mitsprache im Unternehmen streitig machen. Davon, dass die Kinder mal einen Platz im Unternehmen haben sollen, ist keine Rede mehr. DIe Geschwister wollen ihr statt dessen Entscheidungen abzwingen – und dass sie sich aus allem heraushält und auf Mitspracherechte verzichtet. Der lebenslange Neid beiden Brüder auf den Verstorbenen und der Hass auf den Vater, der Richard bevorzugte hatte, schweißt sie zusammen. Sie haben nun die Mehrheit im Unternehmen gegen die Witwe – und werden Heidrun und ihre Kinder von allen Aufgaben und künftigen Positionen im Konzern ausschließen. Sie soll verschwinden.

Keine Voraussicht, keine Planung für den Notfall – die offenen Flanken der Witwe

Heidrun wird sich hiergegen mit anwaltlicher Hilfe wehren. Sie will Entscheidungen im Konzern verhindern, die Richard nicht gepasst hätten. Aber sie ist verwundbar: auf sie und die Brüder kommt die Last der Erbschaftssteuer zu. Heidruns Erbe ist rund 900 Mrd.Euro schwer, es besteht aus dem Anteil am Unternehmen und etlichen Immobilien und Wertgegenständen von ihrem Mann. Weil das Geld aber im Konzern vergraben ist, kann sie die hohe Erbschaftssteuer (einen dreistelligen Millionenbetrag) nicht bezahlen. Die Brüder ahnen ihre Situation und nutzen diese strategisch für sich aus, um sie weiter aus dem Unternehmen zu drängen: sie wollen ihr und ihren Kindern ihren Anteil am Unternehmen abkaufen. Die Debatte überfordert Heidrun, sie fühlt sich krank. Die Anwälte der Erben verbeissen sich ineinander. Der Konflikt zieht sich hin. Der Krieg um die Stellung als Erbin belastet das ganze Unternehmen, das nun über Monate keine Entscheidungen treffen kann, weil nicht klar ist, wie es weitergeht.

Kein seltener Fall in Deutschland. Nur knapp die Hälfte aller Familienunternehmen hat die Nachfolgefrage geregelt. Heidrun P. hätte hier – bevor Richard bei seinem gefährlichen Hobby verunglückte – nur einmal im eigenen Interesse ihre Lage komplett durchspielen müssen, um einen Überblick für sich zu haben, was kommen kann.

Heidrun P. hatte – wie das oft ist – geahnt, aber verdrängt, was passieren würde, wenn Richard einmal nicht mehr ist. Natürlich wusste sie, dass ihre Schwägerinnen sie nicht mögen und dass die Brüder ihr gegenüber duldend, aber nicht herzlich sind.

Situationen können sich rasch verändern: heute macht sie sich nicht nur Vorwürfe, dass sie das riskante Hobby Tauchen toleriert hat. Am meisten wirft sie sich vor, dass sie sich über ihre eigene schwierige Lage und die ihrer Kinder im Krankheits-oder Todesfall ihres Mannes gar nicht im Klaren war. Oder sagen wir, nicht genug, um zu agieren. Ihre Lage heute ist schwierig, menschlich und auch sonst. Sie ist enttäuscht und erschöpft.

Der Alptraum ist bis heute nicht beendet. Ihre Streitigkeiten mit den anderen Erben werden Jahre dauern.

S.F.-H.: „Die zentralen Fragen, die sich eine Ehefrau im Familienunternehmen frühzeitig stellen muss, sind:

 

1. Wie sicher stehe ich da? Was gehört uns bzw. mir, im Fall seines Todes?

2. Was wird eintreten, wenn ihm etwas geschieht? Mit dem Unternehmen? In der Familie?

3. Wer ist mein Freund und wer ist mein Feind in der Familie? Wem kann ich trauen?

4. Wie schützen wir mich und die Kinder im Vorfeld?

5. Was wird langfristig aus mir, wenn er nicht mehr ist?“

 

Die Situation muss einmal völlig durchdacht und geübt werden.

Die Unternehmerehefrau sollte auch die wichtigsten Fakten aus dem Unternehmen und die Zahlen kennen. Sie sollte eigene Berater haben, die sie hierfür „schulen“. Dies ist vor allem Ehefrauen anzuraten, bei denen der Altersunterschied zum Ehemann sehr hoch ist. Die Unternehmerehefrau sollte eine Strategie für sich und die Kinder mit ihrem Mann entwickeln, damit klar ist, wie sie im Fall seines Todes agieren soll.“

 

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